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[2]

Ebd., S. 85.

[3]

Ebd., S. 52.

[4]

Jacques Derrida, Falschgeld. Zeit Geben I, München 1993, S. 124.

[5]

Marx, Das Kapital (Anm. 1), S. 85.

 

Im Falschgeld erstrahlt der Fetischcharakter der Ware auf besonders trügerische Art und Weise: Die Nachahmung des Geldes setzt sich an die Stelle des Geldes selbst, die Kopie setzt sich parasitär an die Stelle des Originals, das Bild ersetzt das Ding. F for Fake, F for Fetish: Nun ist der (Geld)Fetisch für Marx eben keine subjektive Täuschung, sondern die objektive Illusion eines «sinnlich übersinnlichen» [2] Dings, dessen Schein nicht nur notwendig falsches und notwendig richtiges Bewusstsein ineinander kollabieren lässt. Im Falschgeld offenbart sich der Trugbildcharakter des fetischistischen Scheins als materiell verdinglichtes Trugbild. Die sowieso schon «gespenstische Gegenständlichkeit» [3] des (Geld)Fetisch ist im Falschgeld nochmals potenziert, so dass man vom Falschgeld gar als dem Trugbild eines Trugbildes sprechen könnte.

In seiner minutiösen Lektüre von Baudelaires kurzer Erzählung Das falsche Geldstück verweist auch Jacques Derrida auf den doppelten Trugbildcharakter des Falschgeldes, das als Ding zugleich undinglich ist. Das Falschgeld, so Derrida, ist «keine Sache wie jede andere; sie ist ‹etwas› [quelque chose] als ein Zeichen, und selbst ein falsches Zeichen, dessen Signifikat letztlich […] nichts zu entsprechen oder gleichwertig zu sein scheint, ein fiktives Zeichen ohne gesicherte Bedeutung, ein Trugbild [simulacre], das Double eines Zeichens oder eines Signifikanten.» [4]

Um diese durch Falschgeld bewirkte Entsicherung der Bedeutung geht es zentral auch in To Live and Die in L.A., in der die paradoxe Logik des Simulakrums nicht nur die ökonomische, sondern ebenso die politisch-staatliche und psycho-sexuelle Struktur des Spätkapitalismus kontaminiert hat. Der Film zeigt uns das Los Angeles der 1980er Jahre als eine Welt, in der alle gesellschaftlichen Verhältnisse durch Geld und Falschgeld vermittelt sind. Materialistisch ist der Film in dem präzisen Sinne, dass die Totalität der monetären Tauschbeziehungen ohne jede Moralisierung in ihrer abstrakten Funktionalität vorgeführt wird. Ob Gangster oder Polizisten – niemand bleibt von der systemischen Korruption und Perversität des (Falsch)Geldes unberührt.

In diesem Universum des geldheckenden Geldes, des selbstverwertenden Wertes und simulierter Simulakren ist jegliche Transzendenz von der «metaphysische[n] Spitzfindigkeit und theologische[n] Mucke» [5] der Geldware ersetzt worden, die als Falschgeld aus wertlosem Papier Wert generiert; aus fiktiven Zeichen realen Profit macht. Falschgeld ist spekulatives Geld und ähnlich Baudelaires Erzählung ist auch To Live and Die in L.A. – mit Derrida gedacht – eine Spekulation der Spekulation «auf/über das, was dem Kapital in einer Kapitale im Zeitalter des Geldes geschehen kann:

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