>>

Nicht oder halb-legale Produkte kann man natürlich nicht mit der Kreditkarte zahlen und so spielt in den genannten Serien das (nicht nur visuell) kaum noch präsente Papiergeld eine Rolle. Als visuelles Objekt reiht es sich in Breaking Bad in den speziellen Status der Dinge ein, die als «subjektive Kameraeinstellungen der Dinge» [2] beschrieben wurden. Dieser Fokus auf Dinge in Breaking Bad mag zum einen mit dem jüngsten Interesse der Medienwissenschaft an dem Materiellen, «der dinglich verfassten Basis aller Praxis der Sinn- und Wissensproduktion, an technischen und ästhetischen Artefakten» [3] zu tun haben. Die Serie zeichnet sich aber tatsächlich durch eine starke Aufmerksamkeit auf die Ausstattung, die implizite Dramaturgie, den Style, die Dinge und Artefakte aus. [4] Dies beginnt mit einem Blick auf die Dinge in Whites Einfamilienhaus in der ersten Episode, wenn die Charaktere über die alltäglichen Dinge, die sie umgeben, eingeführt werden. So wird Whites Frau Skyler (Anna Gunn) über die Farbpaletten, die sie zur Auswahl für die Renovierung des Kinderzimmers aufgehängt hat, vorgestellt, Walts Aufstieg zum gut verdienenden Drogenproduzenten äussert sich unter anderem in der Farbwahl seiner Kleidung (von Beige über grellem Pink bis zu elegantem Schwarz).

Diese Fokussierung auf den Stil beinhaltet auch eine Ästhetik des Gewöhnlichen, wie sie Herbert Schwaab anhand der Sitcom King of Queens (Creator: David Litt, Michael J. Weithorn, USA 1998-2007) herausgearbeitet hat. [5] Der Blick auf die Dinge bedeutet auch eine Bezugnahme und eine Öffnung auf das Weltwissen und die Erfahrung des Zuschauers. Für Jean-Luc Nancy geht es dem Film nicht um Repräsentation, sondern um die Axiomatik des kinematografischen Blicks (regard) als Bezugnahme (égard) auf die Welt und ihre Wahrheit. Dieser Blick ist von dem technischen Dispositiv des Kinos als Situation im Kinosaal bestimmt: «Es ist also der Saal selbst, der zum Ort oder zum Dispositiv des Blicks wird, ein Schaukasten, um zu sehen – oder eher: ein Kasten, der ein Blick ist oder den Blick herstellt, ein Guckloch, um eine Öffnung zu bezeichnen, die dazu bestimmt ist, eine Beobachtung zu erlauben […].» [6]

Die Betonung soll hier auf Öffnung liegen, denn im Unterschied zu anderen Verwendungsweisen des Begriffs des Dispositivs als konstituierend im Sinne einer einengenden Formierung, beschreibt Nancy es als Öffnung auf einen Raum oder auf eine Welt. Es geht demnach dem Kino nicht um Repräsentation oder Schauspiel, sondern um die Öffnung des Sehens auf ein Reales. Nach Nancy liegt Wahrheit oder Erkenntnis nicht ausserhalb des Bildes, das über die Realität, die es nachbildet, täuscht, sondern findet sich im Medium als «eine künstliche Intelligenz des Sinns, der durch Kunst und als Kunst begriffene und gefasste Sinn, d.h. techné.» [7] Dem Bild Täuschung vorzuwerfen und Wahrheit abzusprechen, verkennt nach Nancy die Selbstbehauptung des Bildes, die aus einer Rivalität mit den Dingen resultiert:

<<  Ausgabe 05 | Seite 38  >>