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Die Absurdität, sich selbst abbilden zu wollen, nicht als Individuum, sondern die Gesamtheit der Erdbewohner, resultiert gezwungenermassen in einem verzerrten Selbstportrait. Die Golden Record verrät neben einem heute kaum mehr nachvollziehbaren Glauben an solche utopischen Projekte und holistische, anthropozentrische Vorstellungen auch ein unerschüttertes Verhältnis zum (fotografischen) Bild und dem Vertrauen auf dessen Fähigkeit zur absoluten Repräsentation. Auch scheinen moderne Sehgewohnheiten Voraussetzung für die Entschlüsselung der Golden Record zu sein: So unbekannt und unvorstellbar die potentiellen Empfänger im All für das Forschungsteam gewesen sein mögen, die Wahl der Medien zeugt von unausgesprochenen Prämissen: Die Adressaten wurde als menschenähnlich (zumindest mit Augen und Ohren ausgestattet), als Leser und Betrachter imaginiert.

Es wurde denn auch berechtigterweise bemerkt, dass die Auswahl weniger für die Aussenwirkung bestimmt war, als für die Rezeption auf der Erde: «a calming lullaby […] designed to make us feel better about life on our planet». [6] In seiner Installation bringt Steve McQueen dieses Artefakt – das mittlerweile auch auf der NASA Website beinahe vollständig zugänglich gemacht wurde [7] – wieder zurück zu den janusköpfigen menschlichen Absendern/Empfängern.

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