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In Frage steht vielmehr auch, durch welche Instanzen und an welchen gesellschaftlichen Orten die Produktion ökonomischen Wissens überhaupt stattfindet. Das Wissen der Ökonomie ist daher stets auch eine Frage danach, welche Medien und welche poetologischen und ästhetischen Verfahren an der Herstellung ökonomischen Wissens partizipieren, wenn die Autorität sogenannter Textbook Economics als ökonomischer Leitsemantik zumindest hinterfragbar geworden ist. Mit der Pluralisierung von Produktionsorten ökonomischen Wissens einerseits und dem Autoritätsverlust der professionellen Ökonomik andererseits, entstehen wiederum neue Fragen, die vor allem die kommunikative Anschlussfähigkeit dieses Wissens betreffen. Die in dem vorliegenden Themenheft behauptete besondere Eignung des filmischen Bewegtbildes, ein Wissen über ökonomische Prozesse zu erzeugen, muss auch diese Frage miteinschliessen.

Ungeachtet dessen lassen sich drei Aspekte zusammenfassen, die den exklusiven Fokus auf das Bewegtbild als visuelles Format zur Erschliessung ganz unterschiedlicher Dimensionen der modernen Ökonomie begründen:

Erstens ist die konstitutive Unsichtbarkeit des Geldes nicht gleichbedeutend mit ihrer Unbeobachtbarkeit, sondern sensibilisiert für die spezifischen Darstellungsherausforderungen ökonomischer Prozesse; sie setzt epistemologisch nur das Wissen um eine wesentlich spekulative und kontingente Dimension voraus, die in jede visuelle Darstellung eingeschrieben ist. Das filmische Bewegtbild, situiert auf der Grenze zwischen Dokumentarismus und Fiktion, stellt daher eine besonders luzide Möglichkeit dar, mit einer ökonomischen Transparenzillusion zu brechen, dem an sich intransparenten ökonomischen Geschehen aber dennoch Modi seiner Sichtbarmachung gegenüberzustellen. [5] Insbesondere die narrative Dimension von Bewegtbild-Darstellungen ist in der Lage, die Abstraktheit der Ökonomie und ihre undurchsichtige Struktur zu durchleuchten, gerade weil sie die Logik von Sichtbarem und Unsichtbarem nicht im Sinne einer Ideologiekritik aufbrechen oder dementieren will, sondern einfach nachvollzieht.

Zweitens stimulieren ausgerechnet die hochabstrakten Geldströme der Finanzökonomie einen besonders gesteigerten Bedarf an spektakulären und populären Visualisierungen, die, wenngleich nicht weiter aufschlussreich hinsichtlich der Operationen des globalen Geldverkehrs, mithin aber in der Lage sind, diesen unsichtbaren Verkehr in ein ikongrafisches und narratives Repertoire von ökonomischen Themen, Praktiken, Anschlusshandlungen, Gesten, Effekten, Kontexten, etc. im Bewegtbild zu visualisieren beziehungsweise visuell zu metonymisieren. [6]

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