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Im Bereich der Kunstpublikationen gibt es jedoch eine reiche Tradition, solcherlei Beschränkungen wiederum aufzulösen und die Frage, «Was ein Buch ist» [12] unter Verwendung interessanter Strategien der konzeptuellen Verschränkung von Buch und Ausstellung noch zusätzlich zu verkomplizieren. Eine dieser Strategien, Kodex-gebundene Linearität zu untergraben, beginnt mit der Untersuchung des Buches als dreidimensionaler «Schachtel» oder «Behälter», deren Inhalt man aufs Endlose neu arrangieren kann. Dieter Roths Serie ungebundener, in einer Mappe zusammengehaltener Künstlerbücher mit dem simplen Titel Containers (1971–73) ist genau das: So wie das gesamte Objekt als eine Idee ausgestellt werden kann, enthält es mit jeder der aufbewahrten Seiten weitere individuelle Kunstwerke und Ideen – ein Spiel also mit verschiedenen Displayebenen.

Ein anderes Projekt, welches das Konzept einer Publikation bereits ein paar Jahre früher noch weiter in Richtung Ausstellung zu verschieben begonnen hatte, ist Aspen (1965–1971): eine Zeitschrift in einer Schachtel, die die sinnlichen Möglichkeiten des Printmediums herausforderte, indem sie es unmittelbar in die audiovisuelle Welt des Multimediaspektakels katapultierte. «Die [Zeitschrift] wird nicht einfach gelesen: Man hört sie, fühlt sie, schnuppert sie, schmeckt sie, faltet sie, trägt sie, schüttelt sie, ja projiziert sie an die Wohnzimmerwand», beschrieb es Gründerin und Herausgeberin Phyllis Johnson. [13] 1967 agierte Brian O’Doherty, der wegweisende Kritiker des White Cube und ein grosser Bewunderer Marcel Duchamps, als Gast-Herausgeber der Ausgabe 5+6.

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