Siehe dazu sowie zum folgenden Lukatis, Zur Höllengestaltung (Anm. 7), S. 192.
Das Bild ist auf eine Eichenholztafel mit den Massen 124 x 172 cm gemalt. Historisch gesprochenen gehört das Werk in die Altkölner Malerschule, deren wichtigster Exponent Stefan Lochner (1400/10-1451) ist. [7] In thematischer Hinsicht handelt es sich bei Lochners Werk um eine Weltgerichts-Darstellung, die vor allem der Apokalypse des Johannes (Off. 20,11-15) folgt. Christus ist als Weltenrichter gezeigt, der links von der knienden Maria und rechts vom ebenfalls knienden Johannes, dem Täufer flankiert wird. Es handelt sich also um eine heilsgeschichtliche Imagination, mithin um ein Geschehen in einem prospektiven Zeithorizont. Lochner hat aber auch zeitgenössische Ereignisse hineingewebt, d.h. das Bild steht ebenso in einem Lochner zeitgenössischen Zeithorizont.
Dieser Gegenwartshorizont wird einerseits konkret in Form von zeitgeschichtlichen Anspielungen, beispielsweise auf die Kölner Judenpogrome, hergestellt. [8] Andererseits geschieht er allgemeiner in Form der weltgerichtlichen Bedeutung tugendhafter bzw. lasterhafter Lebensführung. Es geht also um die eschatologischen Spätfolgen der gegenwärtigen Lebensweise. Das Bild nimmt eindeutig Stellung dazu: Sie liegt in der Anschlussmöglichkeit des Betrachters an den Zug der Erlösten in der linken Bildhälfte, der bis direkt in den Vordergrund reicht und durch die gezeigten Rückenfiguren zur Einreihung einlädt wie auffordert. Zugleich hält das Bild auch hier die Gerichtssituation präsent, wenn Engel die letzten Figuren dieses Zuges bilden. Durch sie werden die Erlösten erst in ihn eingegliedert. Wenn also lasterhaftes Leben vermieden wird, besteht die berechtigte Hoffnung auf Erlösung.
Die Laster, die dabei gezeigt werden, sind Völlerei, Prasserei, Spiel und Trank. [9] Sie formulieren sich an drei Figuren im rechten Vordergrund, die von den Höllenwesen gewaltsam weiter nach rechts Richtung des Höllenschlundes gebracht werden. Völlerei und Prasserei zeigen sich an einer korpulenten liegenden Figur, die einen aufgeplatzten Geldsack mit sich zieht. Ihr wird im folgenden noch eine gesonderte Betrachtung zu Teil. Spiel und Trank werden an den Figuren rechts daneben als Laster greifbar: Sie werden von einem grünlichen Höllenwesen mit starkem Griff in Richtung des Höllenschlundes getragen. Die Figur im Griff des linken Armes hält dabei einen Trinkkrug in der Hand, während unter der Figur, die das Höllenwesen im rechten Armgriff hält, leicht verstreut drei Würfel sichtbar werden. Ihr Weg in die Hölle wird auf diese Weise nicht als eine willkürliche Entscheidung gezeigt, sondern als aus ihrer Lebensweise begründet.