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In der visuellen Darstellung wird ein Arbeitsbuch über das partielle Reserven-System der Fed Chicago schnell durchgeblättert, so dass nur ein rascher Blick auf die lange Argumentation und eine Reihe von graphischen Darstellungen und Statistiken möglich ist. Dadurch wird einerseits der intendierte Zweck des Buches – das Geldwesen soll einem breiten Publikum erklärt werden – denunziert, andererseits macht die Komplexität des Inhalts einen Gelehrten oder Experten notwendig. Als solcher tritt der Erzähler Peter Joseph auf, der vorgibt, die Geheimsprache der banking terminology entschlüsselt zu haben.

Bei der Visualisierung des Geldmultiplikators wird die Potenz des bewegten Bildes gleichsam dafür genutzt, die Komplexität zugunsten der einschlägigen Darstellung des selbstgeführten Kausalitätszusammenhangs («Money = Debt») zu reduzieren. Durch das Hin-und-Her zwischen Filmausschnitten in schwarz-weiss, den Zitationen aus dem Arbeitsbuch und der zügigen Multiplikation wird diese andererseits erhöht. Der angekündigten Erklärung «(...) this is acutally not the case, what really happens is (...)» wird so kaum Rechnung getragen, sondern es wird versucht, die Enthüllung und Beweisführung der Differenz zwischen offizieller Darstellung des Bankensystems und seiner offiziösen Prozessweise mit Wahrscheinlichkeit zu versehen.

In Bezug auf Erzählungen hängt nach Boltanski die Unterscheidungspraxis zwischen glaubhaft/nicht-glaubhaft davon ab, ob Abgleichungsmöglichkeiten mit schon bekannten Elementen vorhanden sind (wobei sich in diesen Kategorisierungsprozessen die eigenen Erfahrungen mit dem massenmedial vermittelten Wissen vermischen). [24]

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