Zeitgeist: Addendum, USA 2008.
Während das Verbrechen, die Entwertung des Geldes durch die Auflösung des Goldstandards, klar definiert wird, zeigt sich die Zuschreibung der Handlung insofern problematisch, als es schlicht schwierig ist, den Urheber zu definieren. In Bezug auf die Positionen in jeder öffentlichen Bezichtigung und der Grammatik der Normalität, [19] ist hier das Opfer mit the country und the public klar definiert. Zur Definition des US-amerikanischen Fed als Verfolger werden grössere Erklärungsinvestitionen gemacht, wobei dennoch die Rolle des Nationalstaats ambivalent bleibt. In seiner offiziellen Funktion ist er einerseits Opfer des Zinssystems, für das er sich nicht selbst entschieden hat – «going back to 1913 the Federal Reserve Act was pushed through congress« (siehe Video 2).
Andererseits ist er auch korrupter Verfolger: So beispielsweise durch Einzelpersonen wie Präsident Roosevelt, der familiär mit der Bankenwelt verbandelt sei oder durch die Enteignung bei der Verschuldung der Bürger und die Unterstützung bei Problemen des Finanzmarktsystems. Im Gegensatz zur country wird der Staat zum Verfolger, da er dem Kapitalismus die ihm mangelnde Autorität bzw. juristische Durchsetzungskraft zur Verfügung stellt. [20] Das ZEITGEIST-Narrativ erzielt damit zwar in Bezug auf das Publikum normalisierende Effekte, da die Verschuldung Allgemeinplatz ist und stellt gleichsam das ambivalente Verhältnis von Staat und Kapitalismus über die Konspiration dar, ohne jedoch den Staat eindeutig als ‹Bösewicht› darzustellen. [21]
Das ZEITGEIST-Narrativ rückt indessen – während es zu Beginn der Ermittlung nicht an Figuren fehlt, die als ‹physische Personen› für Ereignisse verantwortlich bzw. sichtbar gemacht werden – nach der erfolgreichen Aufmerksamkeitsstabilisierung zunehmend von solchen Zurechnungen ab. Denn die Anprangerung eines Grosskomplotts durch eine anonyme Einzelperson zielt gerade an einem positiven Normalitätsurteil vorbei [22] – worauf Peter Joseph zunehmend in die Öffentlichkeit tritt und die Bezichtigung in ein Erklärungsnarrativ transformiert. Das anfängliche Verbrechen der Geldentwertung setzte das Geldschöpfungssystem frei, das aber kompliziert ist und durch einen Experten übersetzt werden muss.
Zu Beginn des zweiten Films (Video 5) wird festgehalten, dass es zum Verständnis der modernen Welt zwingend ist, die Institution der Geldpolitik zu verstehen. «Unfortunately, economics is often viewed with confusion and boredom. Endless streams of financial jargon, coupled with intimidating mathematics, quickly deters people from attempts at understanding it.» [23] Nicht wie im Film davor werden hier identifizierbare Entitäten angeprangert, sondern die schiere Komplexität, durch die sich die Institution selbst ‹maskiert›.