Ein kurioser Fälschungseffekt; ein falscher Anschluss, der sich als solcher gar nicht erst kaschiert: Der Film betreibt Montage als Falschmünzerei, in der die beiden Seiten der Medaille sich gegenseitig ausschliessen. Dieser unmögliche Switch zwischen Homo- und Heterosexualität wird in Folge noch verkompliziert, wenn Masters und Biancas sexuelles Spiel im offenen Exhibitionismus durch (Spiegel)Blicke für Biancas lesbische Tanzpartnerin Serena inszeniert wird. In dieser performativen Konstellation werden die Differenzen zwischen Hetero-, Bi- und (männlicher und weiblicher) Homosexualität nivelliert, um von einer polymorphen Perversion abgelöst zu werden, in der die einzige Substanz der Schein ist: You’re beautiful.
Nicht zufällig wird eine weitere Sexszene zwischen Masters und Bianca durch einen Interface-Effekt gerahmt, der ihre realen Körper durch einen Videomonitor verdoppelt. Da das Videobild denselben japanisch anmutenden Raum zeigt, in dem sich Masters und Bianca gerade befinden (vermutlich in Anspielung an David Cronenbergs Videodrome), erzeugt die Sequenz eine kurze Irritation darüber, ob es sich um eine Aufzeichnung oder einen Live-Stream handelt. Sich selbst beim Sex zuschauen: Als ob ihn das Videobild mehr erregen würde als die Berührung durch Bianca selbst, blickt Masters in einem kurzen Moment wie gebannt auf den Bildschirm. Videowelt und fraktales Subjekt, hat das Jean Baudrillard in den 1980er Jahren genannt: «Ein eigentümlicher Narziss: es sehnt sich nicht mehr nach seinem vollkommenen Idealbild, sondern nach der Formel einer endlosen genetischen Reproduktion.» [14]
In diese endlose Reproduktionsschleife bewegt sich To Live and Die in L.A. auch durch die narrative Radikalisierung des Undercover-Motivs, das Friedkin schon in seinem früheren Film Cruising zu unauflösbarer Ambivalenz gebracht hat: Dort recherchiert Al Pacino in der Rolle eines Undercover-Polizisten einen Serienmord in der New Yorker Gay Community und kann bald zwischen seiner ‹richtigen› heterosexuellen und seiner ‹falschen› homosexuellen Identität nicht mehr unterscheiden. In einer perversen Logik der Substitution suggeriert der Film am Ende gar, dass nicht nur die Morde möglicherweise von multiplen Personen begangen worden sind, sondern dass Al Pacino selbst als Mörder in Betracht kommt.
Um an Masters ranzukommen, tarnen sich Chance und sein Partner Vukovich als kriminelle Geschäftsmänner, die Falschgeld zur Geldwäsche kaufen wollen. Masters will 30.000 Dollar als Vorschuss, die der Secret Service jedoch weigert zu zahlen. Als Lösung will Chance einem Tipp von Ruth nachgehen, die von der Ankunft eines chinesischen Gangsters weiss, der in L.A. gestohlene Diamanten kaufen will. Die Hüter des Gesetzes begehen nun selbst einen kriminellen Akt, um einen Verbrecher zu fassen: