>>

«Steal real money to buy counterfeit money?», fragt Vukovich zunächst entsetzt, um Chance dann doch noch nachzugeben. Doch der vermeintlich sichere Coup eskaliert, da sich im Nachhinein der Chinese selbst als FBI-Undercoveragent erweist. [15] Eine ganze Armada von FBI-Agenten verstrickt nun Chance und Vukovich in eine spektakuläre Verfolgungsjagd durch die Highways von L.A., bis Chance in einer wahnwitzigen Fahrt durch den Gegenverkehr die Flucht gelingt.

Exzessive Verfolgungsjagden gehören zu Friedkins stilistischer trade mark als Action-Regisseur: In French Connection jagt Gene Hackman im Auto einer U-Bahn hinterher, in Jade zwingt das hügelige San Francisco die Autos zu Luftsprüngen, in The Hunted zwängt sich Benicio del Toro brachial durch einen Stau. In To Live and Die in L.A. aber findet die Auto-Action im Bild des Geisterfahrers einen ultimativ verschwenderischen Höhepunkt. Die Perversion des Falschgeldverkehrs findet eine entsprechende Bewegungssignatur in der Verkehrung der Verkehrs, die von den pervertierten Gesetzesvertretern ausgelöst wird. Falschgeld und Falschverkehr zirkulieren «wrong way», wie ein Verkehrsschild auf dem Highway verkündet. Die verkehrte Zirkulation unterbricht gar die Warenzirkulation und Transportwege der materiellen Wirtschaft, wenn die Geisterfahrt den gesamten Verkehr lahmlegt und unzählige Autos in jenen Schrott verwandelt, den die Credit-Sequenz schon vorweggenommen hat.

In den Loops der (Falsch)Zirkulation garantiert die kreative Destruktion die Wiederkehr Desselben. Anstatt einer narrativen Schliessung, endet To Live and Die in L.A. in rigoros strukturalistischer Manier mit einer Endlosschleife der Reproduktionen, Simulationen und Substitutionen, die alle Figuren des Films zu fraktalen Klonen fälscht, um mit Baudrillard zu sprechen: Chance wird beim finalen Deal erschossen und wird von Vukovich ersetzt, der am Ende des Films als Kopie von Chance Ruth für sich beansprucht. Masters wird von Vukovich erschossen und wird von Bianca ersetzt, die mit ihrer lesbischen Partnerin Serena das Regime der Brüder vermutlich durch ein ebenso perverses Regime der Schwestern ersetzt. Was bleibt, sind Bilder, Falschbilder: Masters, der in seinem Videotape als Trugbild überlebt; Chance, dessen ikonische Pose als nondiegetische Kopie nach den Credits als substanzloses Simulakrum übrigbleibt: You’re beautiful.

<<  Ausgabe 05 | Seite 35  >>