Derrida, Falschgeld (Anm. 4), S. 162.
Der Umlauf des falschen Geldstücks kann, selbst bei einem ‹kleinen Spekulanten› die realen Zinsen eines echten Kapitals erzeugen. Ist so, insofern es Zinsen ohne Arbeit erzeugt, indem es, wie man sagt, von alleine arbeitet, die Wahrheit des Kapitals nicht fortan das Falschgeld? Gibt es hier eine wirkliche [vraie] Differenz zwischen echtem und falschem Geld, sobald es Kapital gibt? Und Kredit?» [6]
Derridas Frage berührt die Problematik einer prekär gewordenen Deckung des Geldes im Kapitalismus, das weder vom Staat, von Gold und auch nicht von Gott gedeckt wird. «Do you believe that the stars are the eyes of God?» wird Ruth, die Informantin und Liebhaberin des Secret Service-Agenten und Falschgeldjägers Richard Chance (William L. Petersen) mit zweimaliger Rätselhaftigkeit fragen – und Chance wird jedes Mal diese Frage ohne jeden Zweifel verneinen. In der vollends durch das Geld profanierten Welt von Leben und Sterben in L.A. gibt es keinen Gott, womöglich aber einen Teufel – sein Name ist Eric Masters (Willem Dafoe), Geldfälscher und Antagonist von Chance.
Obwohl To Live and Die in L.A. auf den ersten Blick mit dem diabolischen Diskurs von The Exorcist nichts zu tun hat, verleiht auch dieser Film der Figur des Fälschers eine geradezu mephistophelische Dimension: denn Masters ist nicht nur der Meister über Leben und Tod seiner Gegner, sondern über Leben und Tod des Falschgeldes: Der Entrepreneur, der das Falschgeld in Eigenregie produziert, vernichtet dieses immer auch in sinnlos erscheinenden Akten der Verschwendung. Wiederholt sieht man Masters im Film beim Verbrennen von Falschgeld und anderen (Wert)Gegenständen. Verwertung und Entwertung, Produktion und Zerstörung bilden bei Masters einen merkwürdigen Kreislauf, als ob der gefälschte Wert notwendiger Weise wieder auf die totale Nullstufe zurückkehren müsste.
Mit dem verstörendem Akt einer suizidalen Verschwendung beginnt auch die Pre-Credit-Sequenz des Films: Zu dem Titelsong der britischen Popband Wang Chung, die bezeichnenderweise in einer Zeile «I feel that God is not in heaven» singt, sieht man eine in maximaler staatlicher Hochsicherung aufgerüstete Autokarawane in ein Kongresshotel fahren. Dort hält Ronald Reagan höchstpersönlich eine Rede, deren Worte man durch die Ohrhörer von Richard Chance’ Geheimdienstpartner Jimmy Hart hört: «I believe that in both spirit and substance our tax system has become un-American. Death and taxes maybe inevitable, but unjust taxes are not. The first American revolution was sparked by a conviction – taxation without representation is tyranny.»