>>
[8]

Derrida, Falschgeld (Anm. 4), S. 115.

[9]

Gilles Deleuze, Das Zeit-Bild. Kino 2, Frankfurt a. M. 1991, S. 176.

[10]

Shapiro, Cinematic Political Thought (Anm. 7), S. 156.

[11]

Vgl. Juliet Flower MacCannell, The Regime of the Brother: After the Patriachy, London 1991.

 

Friedkin ist wie Masters ein Meister der Trugbilder – er fingiert Bilder ohne Deckung, so wie Masters Geld ohne Deckung fingiert: «Ferner, die Erzählung ist eine Fiktion, und zwar eine Fiktion des Fingierens, eine Fiktion aufgrund eines Fingierens, sogar die Fiktion eines Fingierens.» [8] Friedkin ist der Enunziator, aber ein trügerischer: F for Fraud: «Zusammenfassend könnte man sagen, dass der Fälscher zur Personalisierung des Films schlechthin wird.» [9]

In diesem Spiegelkabinett der Täuschungen und Fälschungen zersplittert jede vermeintliche visuelle Authentizität in eine Vielzahl sekundärer Bild-Derivate: Wenn im Anschluss an Masters’ Burn up, Chance zunächst beim Bungee Jumping und danach beim Biertrinken mit seinen Kollegen gezeigt wird, switcht der Film von einem Sportclip zu einer Bierwerbung, von einer Oberfläche zur nächsten, obwohl es um die Vergewisserung originaler Männlichkeit und symbolischer Vaterschaft geht: Chance’ alternder Kollege und Vaterfigur Jimmy Hart, der wenige Tage vor seinem Ruhestand steht, wird von Chance als Meister im Aufspüren von «bad paper» gerühmt. Mit rituellen Male Bonding-Gesten und hypermaskulinen Posen zitiert der Film das in den 1980er Jahren populäre Format des Buddy Movie, dem eine gehärtete Männlichkeit als Beweis eines gesunden amerikanischen Nationalkörpers gilt. In diesem Sinne müssen natürlich auch die Dollarscheine unbefleckt von jedem Simulakrenverdacht sein: «Good money and unalloyed maleness turn out to be equivalent.» [10]

Aber der gute Vater ist alt und schwach geworden («I’m getting too old for this shit», wie Jimmy Hart schon in der Pre-Credit-Sequenz zu Chance sagt) und muss einem neuen maskulinen System Platz machen, das Kontaminationen, Perversionen und Transgressionen aller Art wuchern lässt. Im Anschluss an Juliet Flower MacCannell könnte man sagen, dass die Genealogie des Vaters von einem «Regime des Bruders» [11] abgelöst wird, in dem die Autorität vom paternalen Gesetz abgekoppelt und gewissermassen ‹ungedeckt› freigesetzt wird. Ein solch post-patriarchaler ‹Meister› ist Masters, dessen Autorität auf reiner Fälschung basiert. Im Regime des Bruders lösen sich somit die Grenzlinien zwischen Gesetz und Verbrechen, Original und Fälschung immer mehr auf: Im Laufe des Films wird Chance in seiner obsessiven Jagd auf Masters seinem Antagonisten immer ähnlicher und ist dafür bereit als staatlicher Agent das Gesetz kriminell zu überschreiten. In Masters sieht Chance die Chance, selbst zu einem Master zu werden. Und es ist nichts anderes als das Falschgeld, das diese perversen Zirkulationen in Gang setzt.

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