Im letzten Teil des Films (The Invisible Power) wird die politische Botschaft nochmals dramatisiert. Statt Demokratie und Freiheit herrsche heute eine «ingenious and invisible form of economic dictatorship» (39:19). Nahezu jede Person auf dem Planeten sei «chained to a perpetually growing debt that can never be paid off» (42:59). Die These der Verschwörung wird am Ende des Films explizit aufgeworfen, ohne beantwortet zu werden (43:13).
Die sozialwissenschaftliche Auskunft
Die wirtschaftssoziologische Literatur bietet wenig eigenständige Auskunft zur Geldschöpfung durch Geschäftsbanken und zu ihrer sozialen Bedeutung, noch weniger lässt sich von einem disziplinweiten Konsens in dieser Frage sprechen. [11] Für eine sozialwissenschaftliche Einschätzung der Thesen aus MaD [12] muss demnach aus wirtschaftswissenschaftlichen Ansätzen importiert werden.
Dafür empfehlen sich theoretische Positionen, welche dem soziologischen Denken entgegenkommen. Rational-präskriptive Ansätze, welche von idealen Gleichgewichtszuständen und immanent perfekten Märkten ausgehen und Krisen für epiphänomenale, exogen bedingte und temporäre Ungleichgewichte halten, eignen sich kaum für eine realistische Beschreibung des Geldsystems. Die neoklassisch orientierte Theorie, welche das Bankensystem als bloss intermediäre Instanz zwischen Geldgebern und -nehmern, das Geld überhaupt nur als täuschenden Schleier konzipiert, der von ‹realen› Tauschvorgängen ablenke, hat angesichts einer von Überschuldung und Überspekulation gekennzeichneten Finanzkrise kaum überzeugende Antworten zu bieten. [13]
Der dramatische Misserfolg des orthodoxen Mainstreams, also neoklassischer und auch neokeynesianischer Modelle, bei der Prognose der Finanzkrise (oder zumindest ihrer Möglichkeit) zieht den Blick auf ‹heterodoxe› Modelle, welche Bankensystem und Kreditvergabe im Zentrum des wirtschaftlichen Geschehens sehen und einen monetären Theorieansatz verfolgen. Während der Krise stieg das Interesse im wissenschaftlichen Bereich an diesen vormaligen Aussenseitern der Disziplin, vor allem an postkeynesianischen Thesen in der Tradition von Hyman Minsky. [14]
Zur Kreditgeldthese
Indem das Geld sich zum reinen Zeichen entwickelt und von jeder ‹materiellen› Deckung durch Gold gelöst hat, wurde eine enorme Ausweitung der Geldmenge ermöglicht. Dass der Grossteil [15] des Geldes heute durch die Geschäftsbanken geschaffen wird, indem sie Kredite ausgeben und zugleich als Schulden buchen, ist allgemein unbestritten. Das Geld ist sozusagen durch Schuld gedeckt. [16]