Schluss
Im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts brach diese ‹Modellsituation› auf. Der französische König Ludwig XIV. hatte riesige Heere mobilisiert und liess eine niederländische Festung nach der anderen überstürmen. Er ignorierte das gültige Handlungsmodell eines formalisierten Angriffs, weshalb auch die Festungen des niederländischen Systems nicht mehr funktionierten. Die Niederländer hatten, um das Prozedere eines Formalangriffs möglichst in die Länge zu ziehen, grossflächige Aussenwerksgürtel um die Festung gelegt. Da sich diese flach in die Ebene hinein abstaffelten, waren die äusseren Wallgürtel zu niedrig und nicht geeignet, den massiven Anstürmen zu widerstehen.
Dieser Umschwung in der Kriegsführung führte zur schnellen Erkenntnis, dass sich die verfestigten Idealvorstellungen als zu starr erwiesen. Doch die Fortifikationstheorie war zunächst nicht in der Lage zu reagieren, um neue wissenschaftliche Ersatzstrategien und Grundlagen zu generieren. Ohne die Geschichte im Einzelnen nachzuvollziehen waren drei Aspekte für die Bewertung von Modellen in der Fortifikation von Belang:
1. Die Architectura Militaris musste sich von alten Modellvorstellungen trennen und Alternativen entwickeln.
2. Neue Ideen mussten visualisiert werden, um sie plausibel zu machen und um sie zu diskutieren, weshalb Planmedien in jedweder Form, Modellzeichnungen und Modellbauten, zu neuen Ehren kamen.
3.     Neue       Systeme     und Manieren   erweiterten  das    Spektrum     fortifikatorischer           Alternativen.   Um sie für   angehende   Ingenieure     und   Offiziere   lehrfähig         aufzubereiten,   wurden die   Konzepte in        einfache  und vergleichbare           Modellvorstellungen     überführt  und      systematisiert.
Zu 1.
Der           neue      Aktionismus  spiegelte     sich im Sprachgebrauch.   Während   bis  zur        Mitte     des 17. Jahrhunderts     in den   Traktaten ganz      allgemein die        Fortifikation   oder im       Speziellen eine  Neue     Manier behandelt    wurde und     Gründlicher          Unterricht oder     Beschreibungen der    Baukunst gegeben     wurden,        verlagerte     sich   das  fortifikatorische   Interesse weg von              mustergültigen      Idealvorstellungen hin zu   artifiziellen   Lösungen,             angeblichen     ‹Erfolgsmodellen›, d. h.       monumentalisierten   Varianten  und          bisweilen   sogar     überzogenen    Extrementwürfen.  Die Ingenieure  und          Autoren     schufen      Neu-Triumphierende  Fortifikationen mit      Vollkommenen           Bollwerken,     Verstärkte  Festungen, Befestigte       Festungen oder   gar        Unüberwindliche    Festungen. [28]





