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[29]

François Blondel, Neue Manier Vestungen zu bauen ..., [Paris/Amsterdam 1683] Sulzbach 1686, S. 45.

[31]

Ibid., S. 48.

 

Welche Bedeutungen den Modellen beigemessen wurde, unterstreicht eine Anekdote zu François Blondel, Feldmarschall in französischen Diensten. Blondel übergab Ludwig XIV., der gerade mit diversen Belagerungen beschäftigt war, sein Werk Nouvelle Maniere de Fortifier les Places mit einem zugehörigen hölzernen Modell eines Doppelbollwerkes. [29] Kurz darauf trafen sich König und Feldmarschall, um gemeinsam auf einem Bogen Papier einen Angriff auf Blondels Modell auszuführen. [30] Der König erkannte die Vorzüge dieser Manier und verbot daraufhin Blondel seine Ideen zu veröffentlichen. [31] Ludwig erteilte erst nach dem Friedensschluss 1679 die Erlaubnis zur Publikation, die dann 1683 erfolgte.

Zu 2.
In der Fortifikation war die Vermittlung von Festungsformen und Defensivstrategien unmittelbar mit Bildmedien verbunden. Wie fatal sich Traktate ohne beigegebene Abbildungen auswirkten, beweist die heftige Auseinandersetzung um George Rimplers Manieren, die er in den 1670er Jahren zwar publiziert, nicht aber illustriert hatte. Dieser Streit fiel in die Zeit, in der sich die Fortifikation am Ende des 17. Jahrhunderts in einer heftigen Krise befand, ausgelöst durch die französischen Eroberungen in den Niederlanden. Um Auswege bemüht, hatte George Rimpler die gesamte bisherige Zirkularfortifikation verworfen und ein System entwickelt, das auf riesigen Quadratstrukturen aufbaute. Seine Ideen hatte er nicht mehr mit Zeichnungen unterlegen können, da er unerwartet bei der Belagerung Wiens verstorben war. Rimplers radikaler Vorstoss musste daher ohne die Kraft der Bilder auskommen.

Für etliche Autoren waren Rimplers Ideen ein Affront gegen die gesamte Fortifikationskunst und ein Misstrauensvotum gegenüber allen Autoritäten. Für andere war Rimpler ein Vorkämpfer, ein Wegbereiter, der neuen Ideen aufgeschlossen war, die Fortifikation aus der Sackgasse führte und die entscheidenden Innovationen tätigte. Da sich aber die Ingenieure aufgrund der fehlenden Entwurfszeichnungen (Visierungen) kein genaues Bild machen konnten und sich hinsichtlich der Formgebungen keine Klarheit und Einigkeit erzielen liess, blieb Rimplers Fortifikation lange Zeit ein umkämpftes Schlachtfeld zwischen unversöhnlichen Parteien. Die Schlacht blieb unentschieden, weil dem ‹Denk-Modell› die konkrete Form fehlte.

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