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Dieses lineare Systemmodell etablierte sich im 18. Jahrhundert: Es wurde Bestandteil der in Militärakademien institutionalisierten Ingenieurausbildung. Die Unterrichtszwecken dienenden Modellkästen mit einschlägigen Manieren und Systemen, die von Alexander von Zastrow entwickelt, seit 1830 in Berlin gefertigt und zur Ausbildung von Ingenieuren gebraucht wurden, sind ein Beleg für die Mustergültigkeit der Systemvorstellungen in der nachfolgenden Festungsbaukunst. Die Systematik hat letztlich in der militär- und architekturhistorischen Bewertung fortifikatorischer Relikte bis heute Bestand, so dass es möglich ist, Bau- und Bildwerke bestimmten fortifikatorischen Grundvorstellungen zuzuordnen. Allerdings ist das überkommene Ideenspektrum und -material deutlich vielfältiger, so dass zu fragen ist, ob dieses Denk- und Lehrmodell, das ursprünglich militärisch-didaktischen Zwecken diente, heutigen Ansprüchen genügen kann, um die Zeugnisse in die doch deutlich komplexere Architektur- und Ideengeschichte einzuordnen. Dafür müssen wir uns in die Raumvorstellungen fortifikatorische Anlagen einarbeiten, wobei zu fragen ist, ob dies nur anhand von Grundrissen und Profilschnitten zu leisten ist und ob nicht wieder das Modell (beispielsweise in Form von 3D-Visualisierungen) neue Rollen bekommen wird.

 

Stefan Bürger: geb. 1970, Restaurierungsstudium an der Fachschule für Werbung und Gestaltung Potsdam; Magisterstudium Kunstgeschichte, Mittelaltergeschichte, Ev. Theologie an der Technischen Universität Dresden; Promotion 2004 über «Figurierte Gewölbe zwischen Saale und Neiße - Spätgotische Wölbkunst von 1400 bis 1600», seit 2004 Wissenschaftlicher Mitarbeiter/Assistent am Institut für Kunst- und Musikwissenschaft, Technische Universität Dresden; seit 2009 Wissenschaftlicher Berater, Rekonstruktion Schlosskapelle Dresden; 2011 Habilitation über «Architectura Militaris - Festungsbautraktate des 17. Jahrhunderts von Specklin bis Sturm».

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