>>

Das war notwendig, weil er auf zwei Fronten gleichzeitig kämpfte. Einerseits innerhalb der Disziplin der Kristallographie, wo es keineswegs ausgemacht war, dass die von ihm beobachteten Phänomene tatsächlich kristalliner Natur waren. Einflussreiche Kristallographen bestritten die Existenz flüssiger Kristalle und interpretierten die Phänomene als kolloidale Mischungen oder Emulsionen. [14] Andererseits intervenierte Lehmann in den die Grenzen der Biologie als Disziplin überschreitenden Streit über die adäquaten Weisen, das Lebendige zu erforschen und zu interpretieren.

Visualisierung bedeutete für ihn nicht, isolierte Bilder zu schaffen. Die verschiedenen Verfahren zur Herstellung von Sichtbarkeit, denen er sich bediente, waren vielmehr in ein intermediales Verweissystem eingefügt. Einzelne Bilder konnten die verschiedenen Präsentationsformen ‹durchqueren›, wie ich anhand einer Abbildung zeigen möchte, die in Varianten sowohl in den gedruckten Publikationen als auch in den Ausstellungen auftauchte. Es handelt sich dabei um eine Aufnahme von schlangenförmigen flüssigen Kristallen von Paraazoxyzimtsäureaethylester in polarisiertem Licht (Abb. 1).

<<  Ausgabe 02 | Seite 118  >>