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Als Einzelaufnahme betrachtet, hat man es mit einem Kader aus einem Film zu tun, der 1907 vom Mikroskopiespezialisten Henry Siedentopf und vom Kristallographen Ernst Sommerfeldt mit von Lehmann zur Verfügung gestellten Präparaten hergestellt wurde (Abb. 2). [15] Lehmann präsentierte den Film bei verschiedenen Gelegenheiten und sorgte dafür, dass Kopien bei der Firma Dr. Fr. Krantz, Rheinisches Mineralien-Kontor, die auf Lehrmittel vor allem aus dem Bereich der Geologie spezialisiert war, bezogen werden konnten. [16]

Dass sich Lehmann für Film interessierte, ist nicht weiter erstaunlich, schliesslich verdichteten sich in diesem Medium zwei Bedeutungsfelder, an die er anschliessen konnte. Das erste war die Faszination für Technologien des Wunderbaren, zu denen auch die Kinematographie zählte. Um die Jahrhundertwende begann ein Diskurs, der das Spektakuläre und geradezu Magische moderner technischer Objekte und Verfahren betonte, gegen eine vorherrschende Auffassung zu opponieren, welche die Technik mit Industrie assoziierte und ihre rationalisierende, wenn nicht sogar unterjochende Seite hervorhob. Der Film spielte in dieser Wendung eine zentrale Rolle: Kameramänner wurden als moderne Magier bezeichnet, die das Publikum verzauberten und die Macht hatten, die Gleichförmigkeit der Alltagserfahrung zu durchbrechen. [17]  Auch Lehmann inszenierte sich gelegentlich in dieser Rolle: So kündigte er einmal einen Vortrag mit dem Titel «Magie und Physik» an, bei dem spektakuläre Effekte wie eine singende «magische Kerze» zu sehen waren. [18]  Lehmann bemühte sich stets, seine Vorlesungen, die als virtuose Darbietungen galten, bei denen «[w]ie auf Zauberspruch» die Apparate hinein- und hinausrollten, zu perfektionieren. Hierfür ersann er eine Reihe von Vorrichtungen zur reibungslosen Präsentation von Experimenten, Lichtbildern und Filmen. [19]

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