Wie Ulrich Heinen jüngst gezeigt hat, leisten sogar beide Bronzereliefs auf ihre spezifische Weise einen gleichwertigen Beitrag zu einem neuen Verständnis visueller Medialität. [22] Erstmals behandeln hier zwei Künstler das Prinzip der Mehransichtigkeit als medienspezifisches Instrument der bildlichen Erzählung und theologischen Argumentation.
Das    Missverständnis  ist    also bereits auf  der  Ebene des     Konkurrenzkampfes zu verorten.  Dieser    bringt keine  echten      Alternativen hervor, weil hier eben  nicht  Tradition   und  Innovation   im    Widerstreit liegen, sondern es  sich um  einen    Wettkampf auf     Augenhöhe  handelt: Nicht zwei Künstler    unterschiedlicher       Generationen treten  gegeneinander an, sondern   zwei  Gleichaltrige.       Keiner der Entwürfe ist in  diesem Sinne    fortschrittlicher,   moderner.     Eine Bevorzugung des  Ghiberti-Entwurfs    als   epochemachendes Werk ist     unzulässig, denn die  stilistischen      Unterschiede in Bezug zum  modello    Brunelleschis lassen  sich nicht     mit  den Kategorien von  Innovation  und   Tradition verrechnen.  An     dieser  Nähe scheitert  folgerichtig  jeder   Versuch werkimmanent      Werturteile zu  begründen.
B) Echte Alternativen: Tradition und Avantgarde bei van Gogh [von Anna M. Storm]
