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Der Greif wird hier pA DbA, ‹der Vergelter› genannt und fungiert als eine letztinstanzliche Gewalt, wobei ihm als ‹Hirte von allem, was auf Erden ist› eine gleichsam göttliche Rolle zukommt. Tatsächlich ist Petbe (pA-DbA), ‹der Vergelter› auch als Name für einen Gott belegt, als dessen Personifikation der Greif demnach auftreten konnte. [37] Welcher Stellenwert der (göttlichen) ‹Vergeltung› im ägyptischen Denken zumindest in der späten Zeit zukommt, lässt sich auch im Weisheitstext des Papyrus Insinger ablesen. [38] Besonders die 25. und letzte Lehre des Textes ist diesem Thema gewidmet, wie schon die Einstiegssätze deutlich machen:

«Die fünfundzwanzigste Lehre: Die Art, dich vor der Vergeltung zu hüten, damit kein Teil von ihr dich erreicht. Ungerechte Grausamkeit gegen den Gott ist es, die zum gewaltsamen Tod geht. Viel Grausamkeit in Machtpositionen ist es, die ebenfalls zur Vergeltung geht. Der Gott vergisst nicht, die Vergeltung rastet nicht.» [39]

All dies erinnert frappant an die Vorstellung von gerechter göttlicher Strafe, wie sie sich auch in der Gestalt der griechischen Göttin Nemesis verkörpert.

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