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Ich hatte schon gesagt, dass Wittgenstein die differenzierende Frage, ob Vor-und Nachzeichnung sich auf dem gleichen Blatt befinden oder auf einem wechselnden, im Kontext des Regelfolgeproblems nicht stellt (ebensowenig wie die, ob die vor- und nachzeichnenden Personen identisch sind, oder nicht). An diesem Beispiel wird ersichtlich, warum, bzw. unter welchen Bedingungen diese Frage irrelevant ist. Geht man von der Autonomie einer jeden Zeichnung aus, lässt sich diese immer im Kontext aller zugehörigen messen, indem man sie entweder diesem als regelgemäss zurechnet oder dies ausschliesst. So gesehen sind aber die Zeichnung aus dem ersten Notizbuch und die erste Zeichnung aus der Dreierserie des zweiten für alle folgenden gleichrangige Bezugspunkte. Die Gruppe anerkannter Nachzeichnungen stellt eine Menge von Varianten dar, die nicht mehr hierarchisch (nach Entstehungszeit), sondern genaugenommen ‹familienähnlich› geordnet sind. [36] Das heisst, dass die in Beziehung stehenden Zeichnungen über wechselnde Gemeinsamkeiten und Unterschiede als Orientierungsmöglichkeiten des Nachzeichnens verfügen.

Und ein weiterer Aspekt des Regelfolgens lässt sich an dieser seriellen Nachzeichnung erkennen. Es gibt nicht nur eine stetig wachsende Menge von Elementen die sich gleichrangig familienähnlich sind, sondern auch einen reduktiven Aspekt. Die dritte Nachzeichnung der Serie orientiert sich an drei Zeichnungen. D.h. sie zeichnet drei unterschiedliche Exemplare ab und folgt damit sowohl einer Regelhaftigkeit, die für alle gilt, als auch bestimmten Details, die an jeweils einem beobachtet werden können. So ist die Segmentierung der Tangente für keine der nebenstehenden Zeichnungen wichtig, kommt aber in der ersten Zeichnung vor.

Mit der Konzentration auf dieses nur in einem Exemplar vorgegebene Detail, ist wiederum eine besondere Produktivität verbunden, denn die gleichmässige Segmentierung von Tangente und Kreisbahn, wird nun mit der Innovation einer neuen Darstellungsweise gesteigert, denn sie erlaubt auch den Zwischenraum der Figuren zu segmentieren, und damit eine graphisch neue Form ihrer Zugehörigkeit zu erproben. Das Argument der Sichtbarkeit ihrer streckenhaften Berührung wird nicht nur durch das gleiche und zudem synchron zwischen den Linien verlaufende Segmentierungsverfahren unterstützt, sodass immer eine schwarze Fläche einer schwarzen gegenübersteht und eine weisse einer weissen, sondern es wird zusätzlich durch eine kontrastierende Hintergrundfärbung im Zwischenraum zwischen Tangente und Kreisbahn bestätigt, die man als subtile Variation der ersten Zeichnung [Abb. 4] ansehen kann.

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