Ludwig Wittgenstein, Vermischte Bemerkungen, Frankfurt a. M. 1984ff., Werkausgabe Bd. 8, S. 466.
Nicht nur wird damit verständlich, warum das Thema des Regelfolgens von Wittgenstein an diversen Situationen des Nachzeichnens diskutiert wurde und warum dabei letztlich die je singuläre Performativität des Zeichnens den irreduziblen Kern aller Betrachtungen zum Regelfolgen abgeben muss. [39] Auch kann darüber hinaus noch folgendes resümiert werden:
Die Produktivität der Beziehungen zwischen vor- und nachzeichnender Hand erstreckt sich nicht nur auf ästhetische, graphische oder ikonische Qualitäten, vielmehr zeigt das Beispiel Wittgensteins, dass ihr Potential gross genug ist, um auch ein Fundament philosophischer Betrachtungen abzugeben. Denn fragt man sich, warum Wittgensteins Thema des Regelfolgens, das von der Rezeptionsgeschichte als genuin philosophisches Problem rezipiert und dabei zugleich der Handlungstheorie zugeschlagen wurde, fast ausnahmslos auf zeichnerische Beispiele verweist, sich auf zeichnerische Metaphern beruft, bzw. visuell argumentiert, dann liegt die Antwort nicht nur darin, dass wir es beim Nachzeichnen mit einem Handeln zu tun haben, das sich in spezifischer Weise selbst orientiert, seine Regelhaftigkeit also in einem je singulären Tun hat und diese Eigenschaft zu einer handlungstheoretischen These verallgemeinert werden kann. Die Überschneidung der Themen vom Nachzeichnen und Regelfolgen bei Wittgenstein liegt vielmehr auch daran, dass hier ein philosophischer Diskurs direkt aus jenem produktiven Beziehungsgeflecht hervorgegangen ist, das zwischen einer linkischen Vor- und einer ungebärdigen Nachzeichnung liegt, und dem Medium der Zeichnung als ein ganz eigenständiger philosophischer Operationsraum zukommt.
Ein   oft zitiertes   Bonmot      Wittgensteins  erlangt    eigentlich         erst in    diesem Kontext  seine       volle Bedeutung:  «Der        Denker   gleicht  sehr   dem    Zeichner, der  alle       Zusammenhänge          nachzeichnen will.» [40] 
Ulrich         Richtmeyer:      Studierte         zunächst  freie Kunst an der        Bauhaus-Universität    Weimar      (Diplom     1998)  und    anschliessend       Philosophie   an der           Humboldt-Universität  zu Berlin.  2006    erfolgte        dort die Promotion          in   Philosophie mit der  Arbeit «Kants        Ästhetik im        Zeitalter    der     Photographie»  (Transcript  Verlag  2009).   Die        2012       eingereichte       Habilitationsschrift zu  «Wittgensteins        Bilddenken.           Ikonische      Intransitivität» beschäftigt sich  mit       Varianten     bildlichen        Zeigens     beim ‹mittleren›      Wittgenstein,   wie   sie   besonders  in den Modi     des            Wahrnehmens, Verstehens   und      Überzeugens von Bildern  thematisch            werden.    Der    vorliegende     Artikel ist Teil eines       unveröffentlichten            Folgeprojekts  zum     Thema der  ikonischen      Kompositionalität.        Gegenwärtig     Research      Fellow  am IKKM     Weimar.